Im Jahr 2013 entschied sich die NAK, ausgelöst durch einen günstigen Zufall, die Neustrukturierung des Grundstückes der Kirchengemeinde Mittersendling (München) voranzutreiben. Aufgrund des Bauvorhabens auf dem benachbarten Grundstück eröffnete sich für die NAK die außergewöhnliche Möglichkeit das eigene Grundstück durch eine anspruchsvolle Kombination von Wohnhaus und Kirchengebäude neu zu strukturieren. Nur durch gleichzeitige Planung und Bebauung mit dem Nachbarn konnte man sich auf eine Grenzbebauung beiderseits verständigen und dadurch eine wesentlich höhere und dichtere Bebauung erzielen, die zu einem späteren Zeitpunkt so nicht mehr möglich gewesen wäre. Auf dem Grundstück der bisherigen Kirche wurde an der Waakirchner Straße das neue Kirchengebäude mit Gemeindezentrum im Verbund mit einem 7-geschossigen Wohnungsneubau entwickelt. So entstand hier (Rücken an Rücken zum Nachbarn) ein ungewöhnlicher Bautypus, der Kirche und Wohngebäude in Form einer gestaffelten Bebauung verbindet.
Christine Peter, Christian Peter
Saskia Nissen, Svenja Saur, Lukas Michl,
Maria Vitaller, Johannes Romstätter
Stefan Müller-Naumann
Das mit sandfarbenen Ziegeln verkleidete Kirchengebäude ist bereits von der Straße aus erkennbar. Das schuppengedeckte Pyramidendach verleiht der Anlage eine dynamische Erscheinung durch seine aufstrebende, asymmetrische Dachform. Das eingeschossige Kirchengebäude ist als langgestreckter Baukörper entlang der Waakirchner Straße dem 7- geschossigen Wohnhausriegel vorgelagert und im Süden über einen eingeschossigen Zwischenbau mit diesem verbunden. Das Erdgeschoß der Anlage wird als Gemeindezentrum genutzt. Dieses Konzept ermöglicht eine dichte Staffelung von Wohngebäude, Kirchenbau und Gemeindezentrum in der eine großzügige Koexistenz der verschieden Nutzungen ermöglicht wird.
Eine stegartige Überdachung, die sich aus dem Kirchenvordach heraus entwickelt, dockt an das hohe Wohngebäude im rückwärtigen Teil des Grundstücks an und verleiht der Anlage auf der Nordseite eine gewisse Geschlossenheit. Durch die Verklammerung von Gebäudeanlage und Vordach eröffnet sich inmitten des Grundstückes ein ruhiger Innenhof. Der Hof als Zwischenbereich zwischen öffentlichem Raum und privatem Innenraum des Gemeindezentrums ist Zugangszone, Treffpunkt und Aufenthaltsbereich für die Gemeinde. Hier entsteht eine außenräumliche Querverbindung zwischen dem Kirchenraum und den Gemeinderäumen die sowohl im alltäglichen Gemeindeleben als auch zu speziellen Anlässen Geborgenheit bietet. Entlang der begrenzenden Wand lädt eine lange Bank zum Sitzen ein. Die Atmosphäre des Hofs wird zusätzlich durch eine Felsenbirne in einem runden Pflanztrog aufgelockert.
Der Zugang zum Gemeindezentrum führt über den Innenhof ins Foyer. Im Mittelpunkt steht hier ein großzügiges Schreinermöbel aus Eiche, das als Raumteiler dient und gleichzeitig Sitzgelegenheit bietet. Dahinter befindet sich die Garderobe mit den Fächern für Chormappen sowie für Zeitschriften, die ebenfalls als hochwertige Schreinereinbaumöbel in der Wand integriert sind. Das Foyer dient sowohl als Eingangsbereich und zugleich auch für die Zusammenkunft der Gemeindemitglieder zwischen Kirchensaal (links) und Gemeinderäume (rechts). Angrenzend ans Foyer erstreckt sich das Gemeindezentrum über das ganze Erdgeschoss: Rechts (Richtung Westen) sind die Sakristei, die beiden Mehrzweckräume und die Sanitärräume angeordnet. Auf der anderen Seite befindet sich eine große Eichentüre als Zugang zum Kirchenraum.
Man betritt den rechteckigen Kirchenraum von der Seite und befindet sich zunächst in einer Raumzone mit horizontaler Decke, die zum Hauptraum hin durch eine Stützenreihe begrenzt ist. Beim Eintreten in den Hauptraum der Kirche eröffnet sich das asymmetrische Pyramidendach, das dynamisch in Richtung Altarraum aufstrebt und an oberster Stelle durch eine Glasöffnung begrenzt ist. Hier strömt das Licht von oben ein, erhellt den Dachraum und lenkt den Fokus auf den Altar, der das Zentrum des Raumes darstellt. Der Altar steht vor der nördlichen Außenwand der Kirche. Über Ihm befindet sich der Hochpunkt des Zeltdachs mit dem großen Glasoberlicht. Das Kreuz hängt rechts vom Altar an der Wand. Auf der linken Seite steht die neue Orgel, die eigens für diesen Standort entworfen wurde. Durch das Spiel von asymmetrischen Elementen (Dach, Platzierung des Kreuzes) erhält der Kirchenraum Dynamik ohne seinen ruhigen und klaren Grundcharakter zu verlieren. Im Westen zum Innenhof hin gibt es ein großes dreigeteiltes Fenster, das mit farbigem Glas gestaltet ist. Gegenüber, auf der Ostseite entsteht eine kleine Nische, deren Rückwand durch die Wandscheibe gebildet wird, die zur Straße hin das Emblem der NAK trägt. In dieser Nische steht eine Skulpturengruppe aus Farbglas, die durch Seitenlicht inszeniert wird. Durch den gezielten Einsatz dieser besonderen Elemente wurde versucht einen sakralen Raum zu schaffen der ausdrucksstark ist ohne übertrieben verspielt zu sein. Bei Gottesdiensten finden bis zu 144 Besucher auf zehn Bankreihen Platz. An großen Feiertagen werden die Bankreihen durch Stühle ergänzt, so dass bis zu 180 Menschen eine Sitzgelegenheit haben.
Der Altar steht erhöht auf einer 30 cm hohen Sockelplatte aus sandfarbenem Beton. Dadurch erhebt sich der Altar in Richtung des einfallenden Dachlichtes und erhält somit seine skulpturale Wirkung. Der monolithische Kubus ist mit einem graupigmentierten Lehmputz in Stampflehmoptik gestaltet, ähnlich wie schon bei den Wänden. Allerdings wurde hier der Lehmputz mit grauen Pigmenten versetzt, um den Altar vor der Wand hervorzuheben.
Das Kreuz ist aus einem schlanken Stahlprofil und hat die Form eines einfachen lateinischen Kreuzes mit durchgehendem Querbalken. Kreuz, Bibelpult und Rednerpult sind einheitlich aus Schwarzstahl gefertigt.
+ Farb- und Materialkonzept, Beleuchtung
Die Atmosphäre des Kirchenraums ist durch warme sand- und erdfarbene Farbtöne geprägt, die durch die natürlichen Materialfarben der verwendeten Baustoffe wie Lehm, Holz oder Beton erzeugt werden. Horizontale Flächen, wie Boden, Decke oder umlaufende Krempe sind in Betonwerkstoffen ausgeführt und eher in grau-weiß Tönen gehalten, während die Wandflächen mit einem erdfarbenen Lehmputz in Stampflehmoptik gestaltet wurden. Die Dachflächen des Zeltdachs sind mit feinlamellierten Platten aus hellem Tannenholz verkleidet, die für die unterschiedlichen akustischen Anforderungen ausgelegt sind. Die Beleuchtung erfolgt über zylinderförmige Pendelleuchten, die den Horizont der Krempe nachbilden. Oberhalb dieser wird das Zeltdach indirekt beleuchtet und gewinnt dadurch an Leichtigkeit in seiner Wirkung. Zusätzlich wird der Altar durch Licht von oben akzentuiert. Die Beleuchtung unterstützt und intensiviert das Zusammenspiel der unterschiedlichen Materialfarben in ihrer Lebendigkeit und zugleich deren kraftvolle prägnante Raumwirkung.
Die beiden Kunstglasprojekte, die mit mundgeblasenen farbigen Gläsern gestaltet wurden, bereichern die vorhandenen baulichen Elemente des Kirchenraumes und tragen zu einer Pointierung und Intensivierung der Farbstimmung bei. Als zwei Pole die den Kirchenraum umspannen lenken die Fenster den Blick und haben eine raumführende Wirkung. Im Wechselspiel zwischen ihnen entsteht eine Choreographie der Wahrnehmung, die die Wirkung des Altars atmosphärisch unterstützt.
Die drei Teile des großen Fensterelements sind mit jeweils drei leicht zueinander versetzten parallelen Glasstelen bestückt. Auf diesen wurden die farbigen Glasstücke so aufgebracht, dass sie sich in wellenförmigem Spiel über die ganze Fläche ergießen. Die Farben changieren hier zwischen intensivem Rot, leuchtendem Orange und hellem Gelb. Leichtigkeit, Heiterkeit und Helligkeit sind die angestrebten Effekte des Fensterelements, das auch eine Filterwirkung in Richtung Hof bewirkt.
Eine Gruppe von fünf hohen Glasstelen wurde in unterschiedlichen Winkeln in der Nische angeordnet. Hier sind die farbigen Glasscheiben so aufgeklebt, dass sie in der Addition die Silhouette von stilisierten Flammen erkennen lassen. Die Farben sind hier noch intensiver und changieren zwischen Blau, Violett, intensivem Rot, leuchtendem Orange und hellem Gelb. In diesem Farb- und Form-spiel von ‚tanzenden Flammen‘ entsteht eine Wirkung von kraftvoller, sprühender Energie.
+ Nebenräume und sanitäre Einrichtungen
Die Nebenräume befinden sich rechts vom Foyer im Erdgeschoss des 6-geschossigen Wohngebäudes. Die Sakristei ist nach Westen orientiert mit großem bodentiefem Fensterelement. Der große Besprechungstisch und das Sideboard sind vom Schreiner in Eiche gefertigt. Die zwei Gemeinderäume sind durch eine mobile Trennwand geteilt, so dass je nach Bedarf ein großer oder zwei kleinere Räume entstehen können. Eine offene Küchenzeile befindet sich an der westlichen Raumseite. Beide Räume sind zum gemeinsamen Innenhof orientiert; die großen Fenstertüren ermöglichen einen direkten Zugang und ermöglichen dadurch die Einbeziehung des Außenbereichs. Weitere Nebenräume in diesem Gebäudeteil umfassen Toiletten für Damen und Herren, ein barrierefreies WC und ein Abstellraum. In der Tiefgarage, die unter dem Gebäude liegt, stehen 9 Stellplätze für die Gemeindemitglieder zur Verfügung.
© 2021 SPP Architekten + Ingenieure
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